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Piraten

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Hinrik und Jakob Hunninghusen - Anno 1491

Die folgenden Informationen beruhen auf Daten  aus Hanserecesse 1477-1530, Bd. 2,3,4 (Dietrich Schäfer, Leipzig 1881 ff), aus  Hansisches Urkundenbuch (=HUB) 1486-1500, Bd. 11  (Höhlbaum, Kunze, Stein u.a.,  Halle 1876 ff) und aus Caspar Weinreichs Danziger Chronik (Hirsch und Vossberg, Neudruck 1973).

Über die Seeräubereien der Hunninghusen in der Ostsee
( ©  Dr.Helmut Hennighausen)

About the Piracy of the Hunninghusen in the Baltic Sea - English Page

Erste Hinweise auf möglicherweise illegale Geschäfte der Hunninghusen finden sich im  Hansischen  Urkundenbuch, Band 11, Urk. 23. Am 17. März 1486 schwört Hinrick Hunninckhusen von Reval, Sohn des Ratsherrn Hinrik Hunninckhusen, Lübeck und speziell einigen Lübecker Ratsherren und Bürgern Urfehde wegen Gefangensetzung in Lübeck, das heißt, er verzichtet darauf sich an Lübeck und den genannten Personen zu rächen. Angeblich soll er 1650 Mark Rigisch erhalten haben für Güter, die Wilhelm van dem Velde dem Schiff des Hans Westfal aus Wisby auf Gotland genommen hat. In einem Brief Wisbys an Danzig vom 21. Juli 1486 (Urk. 52)  macht der Ritter Iwar Axelson aus Wisby die eidliche Aussage, dass der Revaler Ratmann Hinrick Honnynghusen d. Junge, Sohn des alten Herrn Hynrik, von ihm weder aus dem Holk (=Schiff) des Hans Westval noch aus einem anderen Schiff jemals irgendwelches Wachs oder Pelzwerk erhalten oder gekauft habe, wegen welcher Beschuldigung derselbe im Gefängnis gesessen und 1650 Mark Rigisch zu zahlen habe geloben müssen.

Ivar Axelsson Tott war als Nachfolger seines Bruders 1465 vom Dänischen König als Lehnsmann auf Gotland plaziert worden. Er verbesserte seine wirtschaftliche Situation durch Kaperfahrten und besaß viel Land im ganzen Ostseeraum. Die Gehaltslisten des Jahres 1485 bezeugen den aufwändigen Lebensstil des Ivar Axelsson. Er ist als Aussauger Gotlands in die Geschichte eingegangen. In einem Brief Lübecks an Reval vom 6. August 1486 (HUB,Bd 11, Urk 53) steht zu lesen, dass der Ritter Iwar Axelsson auf Gotland sieben Schiffe ausrüste, vielleicht in der Absicht  Schiffe und Waren der Revaler und anderer Kaufleute zu nehmen. Man rät Reval möge Vorsorge treffen, dass die in Reval geladenen Schiffe auf der Fahrt nach Lübeck beisammen bleiben und mit Söldnern bemannt werden, damit sie durch die Kriegsleute des Ritters nicht beschädigt werden.

Erste direkte Hinweise auf  Piraterie der Hunninghusen findet man in einem Schreiben des deutschen Compturs in Antwerpen am Lübeck vom 9. Mai 1491 ( Danziger Chronik, Seite 71 )., welches am 21. Mai von Lübeck an Danzig weitergegeben wird ( Hanserecesse Bd 1, Urk. 482 ). Er berichtet, dass in London ein Schiff für Bertram Hoike und in einem anderen englischen Hafen ein Schiff für einen, genannt Hinrich Hunninghusen, ausgerüstet würden und warnt vor diesen Schiffen. In der Tat kamen diese Schiffe bald in die Ostsee, eines unter Hinrich Honighusen, welches englische Sendboten an Bord hatte. Er setzte diese in Kopenhagen  an Land und kehrte zu seinem Bruder Jacob Honighusz und dessen Raubgenossen in die Gothenburger Gegend zurück, wo sie sich, wie man in Lübeck zu wissen glaubte, unter dem Schutze von Hinrich  Krumdiks, Hauptmann auf Bohusen, ausrüsteten und  verstärkten und sodann in der Ostsee ihren Raubzug begannen.
 
Um Viti (Mitte Juni) kam Jacob H. von Kopenhagen her in die Ostsee und kaperte bei Bornholm vier Schiffe, die von Lübeck nach Danzig segelten: Matias Schmidt, Hermen Reiniken, Hans Tesken, Lorenz Tide und einer der hieß Hans Franke, der war von Reval nach Lübeck unterwegs. Danzig erlitt einen Schaden an Laken (=Tuch) und andern Gütern von 14.000 Reinischen Gulden und Lübeck von 5.000 Rheinischen Gulden. Eine genaue Aufstellung der geschädigten Personen und deren Verluste findet sich im Hanserecess, Bd. 3, Urk. 10.  Mit dem geraubten Gut segelten die Hunninghusen nach Kungel bei  Bohusen in Norwegen (heute Schweden). Nur Hermen Reiniken ließen sie segeln von Bornholm. Sie nahmen die Güter aus seinem Schiff und ließen nur wenig Salz darinnen. Kungel (heute Kungälv) ist das Schloss Kongself am Gothaelf, ihm gegenüber auf einer Insel des Gothaelfs lag das Schloss Bohusen. Über beide Schlösser sowie über den  westlich auf einer Meeresinsel gelegenen Hafen von Marstrand  befehligte Hinrich Krumdik.

Bohus

Die Festung Bohus in Kungälv



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Im Jahre 1455 hatte der deutsche Kaufmann in Bergen in einem Tumult den Statthalter des Königs von Norwegen Oluff Nielsen erschlagen und das Munkelef - Kloster, in welchem dieser Schutz gesucht hatte, in Brand gesteckt. Hierbei fanden der Bischof, etliche Geistliche und 60 andere Personen den Tod. In der Folge begannen Verwandte des ermordeten Oluff Nielsen, welche die Verfolgung ihrer Blutrache zum Vorwand nahmen, einen gewinnbringenden Seeräuberkrieg gegen die Hanseaten zu eröffnen. Nielsens Sohn Axel und seine Tochter Magdalena kündigten 1488 der Hanse förmlich Fehde an und obgleich der Kaufmann in Bergen Neujahr 1491 die Familie mit 7000 Dänischen Marken an zwei Terminen zu zahlen abfand, scheint, wie die Berichte in Weinreichs Danziger Chronik belegen, Magdalena oder vielmehr die Seeräuber in ihren Diensten die Zeit bis zur Abzahlung der Strafsumme (9. Oktober) noch zur Fortsetzung ihres Raubgewerbes genutzt zu haben.

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Einer der gefürchtesten Seeräuber in Magdalenas Diensten war der bereits erwähnte Bertram Hoike, der in den Jahren 1490 und 1491  den Hanseaten empfindliche Verluste zufügte, bis er in Helsingör hingerichtet wurde. Er hatte schon vorher längere Zeit in Liefland sein Unwesen getrieben. Es heißt, dass Hoike in Samayten sein Standquartier gehabt habe und von dort aus besonders in der Winterzeit über die gefrorenen Flüsse nach Liefland eingedrungen sei. Vor Helsingör nahm er den Fischern den Hering ab und den Leuten auf dem Lande das Vieh. Er wurde gefangen genommen und in Helsingör abgehauen (= geköpft). Die Köpfe der enthaupteten Piraten wurden im Mittelalter zur Warnung und Abschreckung auf Pfähle gesetzt.

Auch Jacob Honnighusen stand im Jahre 1491 im Dienst von Magdalena Nielsen. Sie hatte ein Krafel (Kraweelbauweise hat im Gegensatz zur Klinkerbauweise glatte Außenwände) von Oloff Stigson, Hauptmann zu Wartburg (Varberg), gekauft und wiederum Jacob H. darauf gesetzt um der Hanse Schaden zuzufügen. Auf einem seiner Raubzüge kaperte er das Schiff des Hans Hasenbandt (Hasenbach, Husenbanck), das von Lübeck nach Danzig unterwegs war. Das gekaperte Schiff wurde allerdings von dem Danziger Schiffer und Rheder Hans Broit (Preuth, Preyth) zurückerobert, aber Jacob H. entkam in seinen Zufluchtsort Kungel in Norwegen. Als er an Land ging wurde er  gefangen genommen und nach Bohusen geführt. Sein Schiff lief wieder aus, und unter der Mannschaft befanden sich sieben Seeleute aus Hasenbandts Schiff, die sich um ihr Leben zu retten, den Seeräubern angeschlossen hatten. Als sie aus dem Belt in den Fehmarner Sund segelten, überwältigten die sieben die Seeräuber, zwei wurden dabei getötet und brachten die Seeräuber nach Rostock. Dort wurden ihrer acht abgehauen (=geköpft) und zwei entliefen.

Etwa zur selben Zeit sandte der Bischof Nicolaus von Roeskilde ein Krafel (= Schiff), mit dem zuvor Jacob H. Piraterie betrieben hatte, nach Gotland. Diese englische Barke blieb jedoch in der Ostsee und schädigte den lübischen Handel bis die Lübecker sie in der Annahme, dass sich Honighusen darauf befände,  kaperten. Obgleich man sich geirrt hatte, so bekannte die Schiffsmannschaft selbst, dass sie Seeraub betrieben hatte und wurde deshalb hingerichtet. König Johann von Dänemark aber beschuldigte die Lübecker, dass sie seine "unschuldigen Diener " erschlagen hätten. Er befahl dem Hauptmann von Bahusen, Hinrich  Krumdyk, gegen die Hanseaten zu kreuzen und legte den deutschen Kaufleuten in Helsingör und auf den Vitten in Schonen neue Zölle auf.

In einem Brief des Kaufmanns von Bergen an Johann König von Dänemark vom 5. Oktober 1491 beklagt dieser die Wegnahme eines Bergenfahrers durch Jakob Heningkhusen und bittet um Sicherung und Erhalt des Friedens. Im November schreibt Lübeck an den Kaufmann zu London und weist ihn an, die Räubereien der Huninghusen auch in England zu verfolgen. Im Februar 1492 antwortet König Heinrich von England auf ein Schreiben vom September 1491 an alle wendischen und alle Hansestädte (Hanserecesse, Bd.3, Urk.60): Er versichert, dass er Heinrich und Jakob Huninghusen, die mit in England ausgerüsteten Schiffen hansische Schiffe und Gut geraubt und nach England geführt hätten, zum Ersatz des Geraubten zwingen werde. Er erklärt, dass er Huninghusen in keiner Weise unterstützt habe, nur seine Gesandten mit ihm nach Dänemark geschickt habe und verspricht, wenn Heinrich Huninghusen ins Reich zurückkehre, Klagen gegen ihn nicht behindern werde.

Auf dem Wendischen Städtetag zu Lübeck am 16. November 1491 (Hanserecesse, Bd.3) waren sämtliche wendische Städte mit Ausnahme Stralsunds vertreten. Außerdem waren anwesend als Gesandte des Königs von Dänemark Bischof Nikolaus von Wiborg, die Ritter Erich Ottesen zu Björnholm und Hans von Ahlfeld, der Domprobst zu Schleswig Einwald Sovenbroder, die Knappen Hans Ranzau und Jacob Anderssen (Eriksen). Verhandelt wurde über die Seeräubereien der beiden letzten Sommer und die Streitigkeiten mit dem König von Dänemark. König Johann von Dänemark hatte Maßnahmen getroffen um den Handel der Hanse in Dänemark einzuschränken. In diesem Zusammenhang sind die Seeräubereien, die unter dem Namen Hunninghusen von dänischen Häfen und Gewässern aus geschahen und gegen Lübeck und Danzig gerichtet waren, zu sehen. Die Herzöge von Mecklenburg werden um Vermittlung gebeten, und es werden zwischen den verfeindeten Parteien Verträge zur Schadensregulierung entworfen.

Am 18. Oktober 1494 teilt der Erzbischof Johann von Lund Danzig mit, dass die durch die Henninghausen (Henningus Huusen) den Danziger Kaufleuten geraubten Güter in Dänemark verkauft und verteilt und zum Teil in den Besitz des Herrn Laxmann und des Nicholaus Ashonis gelangt seien. Über Danzigs Bitte um Rückgabe der Güter an die Eigentümer  würde beraten sobald der König sich wieder im Reich aufhalte ( Hansisches Urkundenbuch, Bd.11, Urk. 779 ).

Für die familienkundlichen Zusammenhänge ist noch interessant, dass die Schäden angerichtet wurden ".... van eynem Hunningkhusen genomet, villichte uth Revale" (Hanserecesse, Bd.3, Urk.32, Abs.12 ).  Ein Brief Revals an Dorpat vom 20. Nov. 1494 im Zusammenhang mit der Gefangennahme des Kaufmanns in Nowgorod und dem russisch - dänischen Bündnis gibt Aufschluss über den weiteren Verbleib des Jakob Hunninkhusen (Hanserecesse, Bd.3, Urk. 453 ). Es heißt, er halte sich gegenwärtig beim Großfürsten Iwan III. in Moskau auf und sei von diesem "merklik beschenket worden".

Anmerkung: Dies Schreibweise des Namens Hunninghusen / Honighusz / etc. wurde aus den jeweils zitierten Urkunden übernommen.

Genealogie der Hunninghusen in Reval:

Berthold Hunninchusen 
I   (Tafelbruder 1399, Ratsherr 1413, 1416-26, Bürgermeister 1427-1430)
I    * um 1370, + 1434
I
I___  Arnd Hunnynckhusen 
         I 
(Tafelbruder 1416 )
         I  * um 1390, + 1448
         I
         I____  Hinrik Hunninghusen
         I           I         (Tafelbruder 1437, Ratsherr 1456-1494 )
         I           I         * um 1415, + um 1495
         I           I
         I           I___  Arnd Hunninghusen 
         I           I         (Domherr)
         I           I          * um 1440, + 1514
         I           I___  Iwan (1) Hunninckhusen 
         I           I         (Tafelbruder 1497, Pfandherr auf Gut Sauss 1497)
         I           I          * um 1450, + um1538
         I           I___  Thonnies Hunninckhusen 
         I           I         (Ratsherr 1499 )
         I           I                               + 1527
         I           I___  Hinrik Hunninghusen (Pirat) 
         I           I         (Ratsherr 1486, ab 1491 Pirat)
         I           I           * um 1450
         I           I___  Jacob Hunninghusen (Pirat) 
         I           I         (ab 1491 Pirat, 1494 in Moskau)
         I           I         * um 1450
         I
         I____  Diderik Hunninchusen 
         I           I         (Tafelbruder 1440,
         I           I         Ältermann der großen Gilde 1473-76)
         I           I        * um 1415, + 1485
         I           I
         I           I___  Diederich Hunninkhusen
         I           I          
* um 1450
         I           I___  Heinrich Hunninkhusen
         I           I         (Tafelbruder 1481, Ratsherr 1494 -1514)
         I           I           * um 1450, + nach 1514
         I           I___  Andreas Hunninkhusen
         I           I         
* um 1450
         I           I___  Tochter, N.N.
         I
         I

         I____   Berthold Hunninchusen  
         I           I         (Tafelbruder 1442
         I           I         * um 1418, + nach 1493
         I           I        
         I           I __?__  Hertwych Hunnynckhusen 
         I           I              (Tafelbruder 1483)
         I                           * um 1450, + um 1505
         I
         I____   Johannes Huninchusen 
         I           I         (Stud. Theol. in Greifswald 1461,
         I           I         Domherr in Dorpat 1476, in Reval ab 1479)
         I           I         * um 1430